PRESSEECHO ERSATZTEILLAGER GEFÜLLT

DRESDNER KULTURMAGAZIN

"Ersatzteillager gefüllt" Susanne Petzolds Arbeiten entführen die Betrachter in eine phantastische Welt, eine Mischung aus Wunderkammer, Werkstatt oder Labor. Erinnern die weißen, teilweise mit einer durchscheinenden grünlichen Schicht überzogenen Objekte auch an Werkzeuge oder Apparate, so führen sie doch gleichzeitig das Nutzen- oder Funktionsdenken ad absurdum Im Plauenschen Grund, in einem ehemaligen Bahnhofsgebäude wird die Galerie Kunstbahnhof aufgebaut. Mit Susanne Petzold startet das Projekt offiziell.
"Ersatzteillager gefüllt", Galerie Kunstbahnhof, Eröffnung am 5.10., 19:00 Uhr.

Dresdner Kulturmagazin, Ausgabe Oktober 2005.

DNN

Sindbad, das Puppengeschirr

Susanne Petzold stellt im Kunstbahnhof aus, Dresdens neuester Galerie

Im Plauenschen Grund am Rande von Dresden, unter Oberaufsicht des hohen Steins liegt ein Bahnhof a.D. Während sich die Bäume zwischen den Felsen rundum verfärben, hat sich auch der überflüssige Eisenbahn-Haltepunkt verwandelt. Jetzt soll hier die Kunst eine andere Art von Passagieren ein und aus gehen lassen.
Die Idee kam von Thomas Körner, dem Inhaber der gleichnamigen Glaswerkstatt, der das backsteinerne Gebäude 2001 kaufte und seit März dieses Jahres in den hellen, sorgfältig sanierten Räumen produziert. Jetzt unterhält er außerdem eine Galerie - den Kunstbahnhof. Auch das Amt für Kultur und Denkmalpflege der Stadt Dresden gibt ein wenig Geld dazu, genau 1300 Euro bis Jahresende. "Im ersten Stock waren ein paar Räume frei", sagt der Glasermeister Körner. Dann scherzt er: "Natürlich wollen wir, dass der Glanz der Galerie, den sie bald ausstrahlt, auch auf unsere Werkstatt fällt."
Anke Binnewerg nennt den Chef über farbiges, bemaltes und in Blei gefasstes Glas einen "verrückten Menschen". Jedenfalls hat er die Meisterschülerin an der Dresdner Kunsthochschule, die seit dem Sommer ihr Diplom in der Tasche hat, zu dem Galerieprojekt überreden können. Weil sie selbst mit dem zerbrechlichen Material arbeitet, wählte die 28-Jährige die Glaskunst und verwandte Themen wie durchscheinendes Papier, formbare Keramik, Objekt- oder Architekturbezogenes als Schwerpunkt für die Ausstellungen. Nicht nur aus Dresden, aus ganz Deutschand und dem Áusland sollen die präsentierten Künstler kommen. Die 1978 geborene Dresdnerin Susanne Petzold macht den Anfang, und auch der "Fahrplan" für die nächsten Ausstellungen bis Ende 2006 steht fest. Doch bevor Anke Binnewerg entschied, dass zum Beispiel die jungen und nicht etablierten Künstler im Kunstbahnhof sozusagen in der ersten Klase fahren, verschickte sie viele Emails an die Galerien in die Stadt. Die meisten antworteten nicht oder rieten voller Pessimismus ab. Nur einer schlug ein Treffen vor und erzählte bereitwillig von seinen Erfahrungen im Kunstbetrieb - Ralf Lehmann von der Galerie Gebr. Lehmann.
Anke Binnewerg vertraut darauf, dass das Kulturamt auch im nächsten Jahr die Kunst neben den Schienen fördert und der Verkauf ein wenig Geld in die Kasse spielt. Bis jetzt kommen täglich Besucher, auch wenn sie eher die Werksatt als die Galerie anzieht. Doch auch die Ausstellung ist sehenswert - ein Ersatzteillager, Instrumentenkoffer, Weltmodell voller unnützer Dinge für eine "bessere Welt". Susanne Petzolds elektrische Geräte, Zugmaschinen, U-Boote, Bomben auf Rädern, Dampfer mit Rudern, Fahrgestelle jeder Art sind aus Porzellan moduliert und mit einer grünen, geheimnisvollen Seladonglasur bedeckt. Alles sind sie funktionsuntüchtig, zerbrechlich. Wenn ein Name auf einer Schiffswand steht, was selten vorkommt, ist er unentzifferbar. Susanne Petzold, die in diesem Jahr ihr Diplom an der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein in Halle ablegte, gibt ihren kleinen Objekten mit Inhalt aufgeladene Namen wie "Theorieumstoßer", "Egosteigerer" und "Nachhakerundumstimmer". Ihr Umgang mit dem zarten Material ist ein Ausprobieren der Formen. In winzigen Schiffchen segeln Sindbad und seine Seefahrer gen Horizont, der eine weiße Wand ist, hinter dem Wasser, für das eine Glasscheibe herhält. Doch die sagenumwobenen Seefahrer - das sind nur kleine Kannen, die an Puppengeschirr erinnern. Fließendes innen und außen.

Andrea Rook, DNN 19.10.2005

SÄCHSISCH ZEITUNG DRESDEN

Keramische Fundstücke

Susanne Petzold. Keramik muss nicht zwingend zu formschönen Übertöpfen führen. Susanne Petzold jedenfalls hat das Studium an der Burg Giebiechenstein in Halle nicht dafür hinter sich gebracht. Ihre keramischen Objekte weisen ein faszinierendes Eigenleben auf, geben technische und mechanische Bedeutsamkeit vor, die sich bei näherer Betrachtung jedoch nicht erfüllt. Weder das Grammophon noch die Seefahrer habe Vorbilder in der realen Welt. Ihr Daseinszweck scheint eher poetischer Natur zu sein, filigrane Fundstücke aus Träumen. (sik)
Ersatzteillager, gefüllt. Eröffnung heute, 19 Uhr in der Galerie Kunstbahnhof, Tharandter Straße 101-103

Sächsische Zeitung, 05.10.2005.

kunstbahnhof v. 2/2008