FARBEN DES TODES. PRESSECHO.

SZ, 14.4.2010

DIE FARBen des TODES

Das Uniwerk in Pirna zeigt in seiner Galerie ein Kunstprojekt von Susan Donath, Anke Binnewerg und Eduardo Molinari

Die Spanische Wegschnecke kriecht zu Kreuze und macht es dabei zur Schnecke. Zu Hunderten schleimen die von Schrebergärtnern gefürchteten kackbraunen Schädlinge über das Holz und bedecken es schließlich vollständig. Wir könnten uns vor einem Gwimmel in Zeitlupe gruseln, wären die Schnecken echt. Susan Donaths Geschöpfe indes sind aus glänzend lackiertem Silikon und daher unbeweglich, deshalb aber nicht minder eklig. Die Offenbarung der Dresdner Künstlerin gibt es erst, wenn man die Distanz zu dem mehr als zwei Meter hohem Kreuz verringert. Lange hält das keiner aus.

Ende mit Schnecken
“Cruci Fixus Catalan“ hat die 31-jährige Bildhauerin ihren ironischen Kommentar zur katholischen Kirche genannt. Die Spanische Wegschnecke bringt ausgerechnet in Katalonien das allgegenwärtige Heiligtum der Christen zu Fall. Der Feind kriecht also im eigenen Land umher. Es ist noch nicht lange her, da wurden ähnliche Kunstwerke von Kirchenvertretern als Blasphemie gebrandmarkt und deren Entfernung aus den Galerien gefordert. In Pirna aber bleibt es ruhig, zu ruhig. Einen kleinen Skandal würde sich wohl auch Susan Donath wünschen. Bis Ende nächster Woche ist dazu noch Zeit. Bis dahin hängt das Schneckenkreuz, an dem die Künstlerin zwei Jahre lang gearbeitet hat, im Uniwerk auf der Schmiedestraße.
“Farben des Todes“ heißt die Ausstellung in den weitläufigen Räumen in der ersten Etage des Hauses. Es passt mit seinem morbiden Charme bestens zu dem Projekt von Anke Binnewerg aus Kurort Hartha, Susan Donath aus Dresden und Eduardo Molinari aus Buenos Aires, Argentinien. „Die Euthanasie-Verbrechen auf dem Sonnenstein sind der Grund, weshalb wir nach Pirna gekommen sind“, sagt Anke Binnewerg, „sie sind aber nicht Gegenstand der Ausstellung“. Thema sei die Vergänglichkeit des Lebens und der Dinge, nicht die Maschinerie des Tötens.
Anke Binnewerg, die wie Susan Donath in Dresden studiert hat und mit ihr zusammen Meisterschülerin bei Christian Sery war, fand durch mehrere Exkursionen in das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar zu einem Neuanfang ihrer künstlerischen Arbeit. „Bis vor zwei Jahren habe ich mich vor allem mit metaphysischen Sachen beschäftigt“, sagt sie. „Jetzt rutscht es immer mehr ins Persönliche.“ In „Fünf Tage plus fünf“ zum Beispiel arbeitet sie ihre Erinnerungen auf, die sie mit Ölfarben skizziert und dann mit Fotos und Farbstrichen überlagert.
Die 32jährige hat für die Schau im Uniwerk zudem Teile ihrer Diplomarbeit verwendet, eine klassizistische Spiegelballustrade, genau genommen sind es die Zwischenräume, von der Brühlschen Terrasse in Dresden. Nun freilich teilweise zerstört, versehentlich zumeist. Ungehindert dürfen in einer vom Wasserdampf angelaufenen Vitrine auch bunte Lappen aus ihrem Atelier schimmeln und faulen. „Ich lasse dem Verfall des Materials seinen Lauf“, sagt Anke Binnewerg.

Wanderndes Archiv

Der Argentinier Eduardo Molinari, 49, nimmt das Laufen wörtlich und zeigt vor allem Teile seines „Walking Archivs“, in dem er Fotos von Friedhöfen, Denkmalen und Orten von Verbrechen an der Menschlichkeit in Deutschland und Argentinien versammelt. Seine Themen sind außerdem die einstige Militärdiktatur und die indigenen Ureinwohner in seiner Heimat.
Susan Donath ist das ein wenig zu dokumentarisch, sie verpasst ihren Objekten gern hintergründigen Humor, über den sie selbst immer wieder herzlich lachen kann. Etwa über die rund 840 aus Wachs gegossenen und auf edlem Tuch angerichteten Fische, die den „Überfluss der pinkfarbenen Einäuger“ vorführen. Oder über ihr „Schneewittchen im Sarg“, mit dem sie gern das im Märchen gepflegte, heute aus ihrer Sicht überholte Frauenbild beerdigt wissen will. Noch aber ist die Schöne nicht in der Erde. Die Schnecken warten schon.

Thomas Morgenroth, Sächsische Zeitung, 14. April 2010, S. 9.

DNN, 12.4.2010

Rot für den Tod

Tod in vielen Farben, Verfall und Auflösung sind Thema der Ausstellung, die zur Zeit im Uniwerk Pirna zu sehen ist und vom Kunstverein Pirna e.V. veranstaltet wird. "Farben des Todes" ist der Titel der Schau mit Arbeiten der deutschen Künstlerinnen Anke Binnewerg und Susa Donath sowie des Argentiniers Eduardo Molinari. Die drei Künstler haben das Ausstellungskonzept gemeinsam entwickelt. Binnewerg stammt aus Freital und arbeitet vorwiegend mit Räumen und Orten, deren Transformation und Verfall. Die gebürtige Apoldaerin Susa Donath, die in Dresden lebt, befasst sich ausschließlich mit Kultur rund um das Thema Tod und Beisetzung und setzt sich derzeit mit Kriegsverbrechen auseinander. Eduardo Molinari schließlich thematisiert in seiner Kunst die Identität und Geschichte Argentiniens, etwa die "Ära Peron" und die Militärdiktatur.
Die Ausstellung soll in Verbindung gesehen werden mit der Geschichte des Ortes, etwa dem Tod tausender Menschen in der Euthanasieanstalt Pirna-Sonnenstein, so die Veranstalter.

Dresdner Neueste Nachrichten, 12.04.2010, S. 17.

PLUSZ, 1.4.2010

Der Mensch ist ein Fleisch…

Im Uniwerk Pirna widmen sich drei Künstler den „Farben des Todes"


Der Mensch ist ein Fleisch, das bald stinkt, ein Schifferl, das bald versinkt ...” Mit drastischer Deutlichkeit wusste so der Augustiner- Mönch Abraham a Sancta Clara die menschliche Natur und Bestimmung zu beschreiben, das als Memento über der Ausstellung „Farben des Todes” steht. Die Dresdner Künstlerinnen Anke Binnewerg und Susan Donath konzepierten die Schau gemeinsam mit dem Argentinier Eduardo Molinari als thematische Erweiterung zu „color continuo”, einem Projekt der Dresdner Universitäts-sammlungen Kunst+Technik, das sich mit Goethes Farbenlehre und Runges Farbenkugel beschäftigt.

Inhaltliche Anknüpfungspunkte bestehen bei allen drei Künstlern: Anke Binnewerg beschäftigt sich vorwiegend mit Räumen und Orten, denen Transformation, Verfall und Auflösung anhaften. Susan Donaths erhöhtes Interesse gilt den Ausformungen der Grab- und Begräbniskultur, und Eduardo Molinaris künstlerische Arbeiten kreisen um Geschichte und Identität seiner Heimat Argentinien, vor allem der Ära Peron und der Militärdikatatur.

Am Ausstellungsort selbst ist das Thema ebenfalls präsent: In der NS-Euthanasieanstalt auf dem Pirnaer Sonnenstein wurden zwischen 1940 und 1941 circa 15000 Menschen umgebracht.

Grit Mocci, PluSZ, 01.04.2010, S. 9.

FRIZZ, April 2010

Formen der Erinnerung

Drei junge Künstler thematisieren den Umgang mit dem Tod auf ungewöhnliche Art. Anke Binnewerg befasst sich mit Räumen ud Orten, die geprägt sind von Verfall und Auflösung. Susan Donath beschäftigt sich mit der Kultur der Bestattung und entwirft damit auch Schneewittchens letztes Ruhebett Der Argentinier Eduardo Molinari öffnet den Blick af die wechselvolle Geschichte seines Lndes und befragt die Identität seiner Bewohner.

FRIZZ, Ausgabe April 2010, S. 53

 

DNN, 26.3.2010

Verfall, Tod und Diktatur
Neue Ausstellung bis 24. April im Uniwerk Pirna

Pirna. "Farben ds Todes" lautet der Titel der neuen Ausstellung im Uniwerk Pirna. Ab Sonabend, 19 Uhr, bis zum 24. April sind Arbeiten der Dresdner Künstlerinnen Anke Binnewerg und Susan Donath sowie des argentinischen Künstlers Eduardo Molinari zu sehen. Bei der Vernissage führt René Wolf in die Werkschau ein. Für Musik sorgen Gloom Blooms.

Anke Binnewerg arbeitet vorwiegend mit Räumen und Orten und thematisiert dabei deren Verfall und Auflösung. Susan Donath beschäftigt sich generell mit Sepulkralkultur, der Kultur des Todes, Sterbens, des Bestattens sowie des Trauerns. Und der Professor an der Nationalen Staatlichen Kunstakademie in Buenes Aires verarbeitet in seinen Werken die Geschichte seines Landes, vor allem die Ära Peron und die Miliärdiktatur von 1976 bis 1983.

Angeschlossen an die Ausstellung ist eine Aktion zur Instandsetzung der Gedenkspur in Zusammenarbeit mit der Aktion Zivilcourage. Die 2002 begonnene Spur durch Pirna erinnert an die Opfer der ehemaligen Euthanasieanstalt Pirna-Sonnenstein. Sie besteht aus 14 751 farbigen kleinen Kreuzen auf Pflastersteinen und Asphalt und führt hinauf zur Festung.

Dresdner Neueste Nachrichten, 26.03.2010, S. 20

kunstbahnhof v. 2/2008